Baum und Mensch: eine lange Freundschaft

Baum und Mensch: eine lange Freundschaft

Wenn reine Laubwälder und Obstbäume ihr alljährliches Farbenfeuerwerk veranstalten, ist das auch in unserer Welt der Videoreize noch ein besonderes Ereignis. Auf seltsame Weise fühlen wir modernen Menschen uns noch immer mit den Bäumen stark verbunden. Unsere fernen Vorfahren verehrten sie noch als „grüne Götter“ – als Menschen in Pflanzengestalt oder als „Weltachsen“ zwischen irdischen und jenseitigen Räumen. 

Mythos Baum
In mythischer Vorzeit, als auf der Welt noch kein Licht war, ließen die Götter an vielen Orten Bäume in den Himmel wachsen. In Ägypten z.B. einen Feigenbaum – er gebar die Sonne. Im Norden Europas die Weltesche – sie trägt das Firmament. Bei den Maya Indianern in Zentralamerika den blühenden Weltbaum als Verbindung zwischen Unterwelt und dem Reich der Gestirne. 
In fast allen Schöpfungsmythen der Menschheit findet sich das Symbol des Baumes wieder. Bestimmte Bäume galten aber auch ganz konkret als Heimstatt überirdischer Mächte, wie zum Beispiel die „Zeuseiche“ in Dodona, aus deren Blätterrauschen die Griechen den Willen ihres höchsten Gottes herauszuhören meinten. 
Buddhistische Mönche verehren heute noch den Feigenbaum, unter dem Buddha seine Erleuchtung empfangen haben soll. 

Baum und Mensch
Millionen von Jahren gemeinsamer Evolution von Baum und Mensch haben sich nicht nur in Mythen, Archetypen und Tabus niedergeschlagen, sondern sich auch in unseren Gehirnen genetisch – instinktiv eingeprägt, wie einige Biologen vermuten.
Unzählige Generationen der Menschheit fanden auch unter Bäumen Schutz und Schatten, oft auch Nahrung in Form von Früchten. Es mag die unbewusste Erinnerung an diese 99,9 % der Menschheitsgeschichte sein, die auch uns heutige moderne Menschen manchmal auf seltsame Weise – mit Ehrfurcht in unserem Innersten – hingezogen fühlen lässt zu einem Baum. 

Evolution
Erdgeschichtlich betrachtet, gibt es Blüten, Blätter und Früchte bildende Bäume noch nicht sehr lange. Die ersten entwickelten sich vor rund 100 Millionen Jahren in tropischen Wäldern und waren Vorboten einer Revolution in der Pflanzenwelt, die das Angesicht der Erde grundlegend veränderte. Ein Umbruch, der eine eintönige Nadelbaumnatur in das bunte Blütenreich verwandelte, wie wir es heute kennen. 
Von Nadelbäumen führte die evolutionäre Entwicklungslinie zunächst zu Magnolien-, Tulpen- und anderen tropischen Laubbäumen. Erst daraus entwickelten sich Kletterpflanzen, später dann Sträucher und erst zum Schluss Kräuter und Blumen. 

Jeder Mensch betrachtet Bäume auf seine eigene Art. Der eine vielleicht mehr als Wissenschaftler, der andere als Ästhet, der dritte als Poet. Unzählige Gedichte sind über Bäume geschrieben worden, und alle bezeugen das Besondere Verhältnis zu den grünen Riesen. 

„In ihren Wipfeln rauscht die Welt, ihre Wurzeln ruhen im Unendlichen; allein sie verlieren sich nicht darin, sondern erstreben nur das Eine: ihr eigenes, in ihnen wohnendes Gesetz zu erfüllen.
Nichts ist heiliger, nicht ist vorbildlicher als ein schöner, starker Baum.“

Wissenswertes